Den Umgang mit dem Nutzer erlernen

Veröffentlicht am 28. November 2018

Dennis Belzner

Ein digitales Vorhaben so zu gestalten, dass es allen Anforderungen und Wünschen, die der Anwender an das Produkt oder den Service stellt, entspricht oder sie gar übertrumpft, gleicht häufig einer Mammutaufgabe. Das Wort Nutzerakzeptanz ist dabei immer noch eine dunkle Wolke, die über jeglichem digitalen Projekt schwebt und es viel zu oft zum Scheitern verdammt. Dabei geht es vor allem darum zu verstehen, dass die User Experience kein abstraktes Gebilde darstellt, welches alles nur noch verkompliziert, sondern eine Disziplin, durch deren Methoden der Nutzer verortet, gehört und verstanden werden kann.

„It is easy to fail when designing an interactive experience. Designers fail when they do not know the audience, integrate the threads of content and context, welcome the public properly, or make clear what the experience is and what the audience’s role in it will be.“ – Edwin Schlossberg

Usability und/oder User Experience?

Auch wenn bereits seit Jahren vor allem im e-Commerce oder in der Automobilbranche UX-Projekte eher zur Regel als zur Ausnahme gehören, scheint die Thematik für die meisten immer noch ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Selbst die IT, geschweige denn das Management, weiß bei der Fülle an Abkürzungen (UX, UI, IxD) oder Begrifflichkeiten wie DevOps, Service Design Thinking und Polyhierarchies irgendwann nicht mehr, was das Ganze nun mit der Produktentwicklung zu tun hat.

Dabei sollte die User Experience schlicht und einfach um das gehen, was der Name bereits ausdrückt – die Nutzererfahrung. UX umfasst die gesamte Bandbreite an Interaktion und Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Es geht darum, wie die Nutzer einem Service oder Produkt begegnen; wie ihre Wahrnehmung davon ist und welche Erfahrungen sie damit machen. Also ein ganzheitlicher Ansatz, der verschiedene Disziplinen miteinander verknüpft, um am Ende ein Produkt zu erschaffen, welches sowohl funktional als auch ästhetisch ist.

Und hier müssen wir nun doch eine minimale Abgrenzung machen; und zwar zwischen UX und der Teildisziplin Usability. Während nämlich die User Experience (DIN EN ISO 9241-210) das gesamte Nutzererlebnis beeinhaltet, fokussiert sich die Usability (DIN EN ISO 9241-11) auf die Nutzungs- bzw. Gebrauchstauglichkeit, ohne sich großartig mit den Emotionen des Anwenders oder der Schönheit des Produktes auseinanderzusetzen. Usability ist sozusagen der Pragmatiker in der UX-Familie, der geradlinig und schnell ans Ziel kommen will.

Die Mensch-Maschine-Interaktion aus dem Labor

Um die nun definierte Usability, aber auch vermehrt um UX, geht es ebenfalls an der Hochschule Heilbronn im Usability & Interaction Technology Laboratory – kurz UniTyLab -, welches 2013 von Prof. Dr.-Ing. Gerrit Meixner gegründet wurde. Hier treffen Experten und die, die es werden wollen, aufeinander, die sich dem Forschungsgebiet der Mensch-Maschine-Interaktion verschrieben haben und selbiges vorantreiben wollen.

Die Forschung im UniTyLab konzentriert sich hierbei auf zwei große Themengebiete, bestehend aus 1. UX Design und Usability Engineering sowie 2. Innovativen Interaktionsmöglichkeiten, zu denen stets Projekte durchgeführt werden. Dabei konnte seit Gründung bereits in vielen Anwendungsbereichen, sei es in der Produktautomatisierung, der Medizin- oder Verfahrenstechnik, praktisch mitgestaltet und Erfahrung gesammelt werden.

Auch wir von forwerts haben uns als UX Experten mit dem Forschungsinstitut und der Hochschule Heilbronn zusammen getan, um unseren Teil zur Entwicklung von innovativen Technologien, die das Nutzererlebnis verbessern, zu leisten und vor allem den angehenden Absolventen der Hochschule einen verständlichen Zugang zu dem weitreichenden Themenkomplex der User Experience zu verschaffen.

User Driven Design Development

Doch wie kann man Informatik-Studenten klar machen, warum Usability und das Gesamtkonstrukt UX von immenser Wichtigkeit sind? – Indem man ihnen zunächst aufzeigt, dass Produkte, die nach dem vor allem in der Softwareentwicklung angewendeten Wasserfall-Prinzip entwickelt werden, zumeist nicht mit dem Nutzer im Sinn entstehen und somit auch keine Akzeptanz erhalten. In einer Usability Challenge sollen sie sich somit erstmal mit allgemeinen Fragen zur Gebrauchstauglichkeit eines Produktes methodisch und schließlich auch praktisch auseinandersetzen.

Dies wird durch das Führen durch den von uns speziell auf die Lehre zugeschnittenen Prozess des User Driven Design Develeopment erarbeitet.

 

Hierbei geht es zunächst einmal um das Analysieren und Definieren der Nutzer. Wer soll das Produkt verwenden? Was für Ansprüche werden daran gestellt und welches Vorwissen begleitet den Anwender? Denn erst wenn man den Nutzer versteht, kann man auch Ziele formulieren, die das Produkt erfüllen muss.

In der Ideation- & Design-Phase werden von den Studierenden alle nur denkbaren Ideen gesammelt und die damit einhergehenden Prozesse bewertet, um deren Machbarkeit und Sinnhaftigkeit zu überprüfen. Es geht darum diejenigen Themen zu identifizieren, die auch wirklich einen Mehrwert für Produkt und Nutzer liefern, bevor es dann an das Gestalten des Nutzererlebnises, der Oberflächen und des Interaktionsdesigns geht.

Die Prototypisierungs- und Testing-Phase stellt den wichtigsten Teil des iterativen Entwicklungs-Prozesses dar, da er sowohl als End- als auch Startpunkt fungiert. Hier wird ein bereits für den Nutzer erfahrbares Produkt entwickelt und auf Herz und Nieren getestet. Ergebnisse werden gesammelt, ausgewertet und analysiert, um die neuen Informationen direkt wieder in die Prozess-Schleife einzufügen. Nach dem Testing ist somit, wenn man so will, immer auch vor dem Testing. Das stete Challengen aufgrund der Analyse und das Wiederholen der ineinandergreifenden Phasen ist dabei der Schlüssel zu einer agilen und zielgerichteten Entwicklung.

 

 

Durch diese Methoden-Lehre lernen die Studenten, welche Arbeitsprozesse sich hinter dem Thema UX verbergen und welches Hauptaugenmerk jeden Schritt begleitet: Die Nutzer. Sie müssen immer im Fokus stehen, denn für sie wird das Produkt entwickelt; sie müssen mit dem Produkt umgehen können; und sie müssen dem Produkt vertrauen schenken.

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