Eine kontrollierte Metamorphose – Mit UX QA und Implementierungsbegleitung durch die Umsetzungsphase

Veröffentlicht am 20. November 2020

Alexander Livigni

Als User Experience Experte und Designer hat man häufig das Privileg in den verschiedensten Branchen an ebenso unterschiedlichen digitalen Produkten sowie Services mitzugestalten. Doch egal wie simple oder komplex die Entwicklung sich darstellt oder ob nach einem Wasserfall-, agilen oder hybriden Modell vorgegangen wurde - am Ende sind die Produkte/Services nie genau so, wie sie zu Beginn konzipiert wurden.

Sie durchlaufen einen kontinuierlichen Wandel, dessen Änderungen schlicht notwendig sind. Denn es ist vermessen zu glauben, dass man vom Start weg alle möglichen Eventualitäten und Faktoren kennen und einplanen kann. Jedoch macht es für das Ergebnis einen riesigen Unterschied, ob diese Metamorphose kontrolliert oder unkontrolliert vollzogen wird.

Ein ganzheitlicher Blick zur Steuerung der Metamorphose

Ein kontrollierter Wandel ist natürlich das Ziel, da dieser zu einem optimalen Endergebnis führt, in dem alle verändernden Faktoren und Einflüsse erkannt, bedacht sowie durchdacht wurden. Im Gegensatz hierzu entstehen bei der unkontrollierten Metamorphose Mehraufwände; kritische Situationen häufen sich und der Frust-Faktor für das Entwicklerteam steigt zuweilen ins Unermessliche, wodurch das Ergebnis, weder den gesetzten Erwartungen, Anforderungen noch Zielen entspricht. Dies führt nicht selten dazu, dass das Projekt gänzlich eingestampft wird und das Produkt nie das Licht der Welt erblickt.

Auch wenn der Grund für solch eine unkontrollierte Metamorphose meist facettenreich ist, findet sie immer in einer bestimmten Phase des Projektes statt: Der Umsetzungsphase. In dieser wird das Entwicklungsteam nur allzu oft mit den Herausforderungen alleine gelassen. Eine Schuld trifft die Entwickler hierbei nicht wirklich, da sie schließlich über die technische Expertise verfügen. Jedoch verlangen neue Anforderungen sowie komplexe Herausforderungen neben dem technischen auch einen ganzheitlichen Blick, um wirklich zielführende und nutzerorientierte Lösungen zu finden.

Der rein technische Blick übersieht oftmals, dass notwendige Anpassungen im Konzept sowie Design den Anforderungen und Erwartungshaltungen der Auftraggeber und vor allem der Nutzer entsprechen muss. Ein ganzheitlicher Blick erfordert daher:

  • Konsistente UX und UI
  • Einhalten definierter Patterns und Design Richtlinien
  • Verständnis für Animation und Interaktion
  • Ein tiefes Wissen über Nutzerverhalten
  • Abgleich zwischen Erwartungshaltung der Nutzer und den Anforderungen des Auftraggebers

Wenn man diese Aspekte bei der Umsetzung nicht bedenkt und miteinfließen lässt, entstehen schnell Inkonsistenzen, welche die UX stark verschlechtern. Ist so eine Inkonsistenz erst mal implementiert, vervielfältigt sie sich nur allzu leicht, wodurch die UX immer mehr wie ein Flickenteppich wirkt und somit jeder Aspekt einer guten UX verloren geht.

Schritt für Schritt zur kontrollierten Metamorphose

Um den Nutzer-Fokus zu wahren und die Kontrolle über den Wandlungsprozess eines digitalen Produktes während der Umsetzung beizubehalten, hilft dem Entwicklungsteam ein UX Designer, der Ihnen zur Seite steht. Dabei ist aber nicht gemeint, dass der UXer eben kurz mal bei der Änderung des Layouts behilflich sein soll. Nein! Er soll darauf achten, dass bei der Umsetzung und jeder notwendigen Anpassung des Konzeptes als auch Designs die UX weiterhin konsistent bleibt und die Anforderungen sowie Erwartungshaltung der Nutzer und Auftraggeber erfüllt werden.

Die Implementierungsbegleitung ist deshalb eine gute Methode, um das Entwicklungsteam zu unterstützen; weil hierdurch:

  • Bei Fragen zum Konzept und Design die richtigen Antworten und Informationen gestellt und geliefert werden.
  • Gemeinsam eine valide Alternative erarbeitet werden kann, wenn sich das Konzept oder Design aus technischer Sicht und mit dem Blick auf den Release-Termin als zu komplex darstellt. Durch eine Komplexitätsreduktion kann so abgewogen werden, welchen Umfang der Nutzer wirklich benötigt und was mit den zur Verfügung stehenden Faktoren Zeit sowie Kapazitäten umsetzbar ist. Wichtig ist dabei natürlich, dass die Qualität des Produktes sich nicht verschlechtern darf, sondern nach dem Pareto-Prinzip und Prämissen (z.B. Anforderungen, Erwartungshaltung etc.) kontinuierlich Prioritäten gesetzt werden.
  • der UX Designer den Blick für das große Ganze behält und das Entwicklungsteam z. B. auf Schnittmengen oder Abhängigkeiten von Features hinweisen kann.
  • Das gesamte Entwicklungsteam hinsichtlich UX sensibilisiert und die Zusammenarbeit verbessert wird.

Jedoch ist es neben dem Teamwork unabdingbar, dass der UX Designer die Möglichkeit erhält, die Umsetzung eines Features bereits zu prüfen, bevor dieses abgeschlossen ist. Um dies zu gewährleisten, ist die UX Quality Assurance ein wichtiger Bestandteil der Implementierungsbegleitung. Durch die QA können Abweichungen frühzeitig entdeckt und direkt korrigiert werden. Gleichzeitig erhält der UX Designer einen Einblick in die Arbeitsweise, Sprache etc. des Teams und kann mit diesem Wissen die Herangehensweise besser nachvollziehen sowie die effiziente Zusammenarbeit des Teams stärken.

Die Herausforderungen einer UX QA

Wie in der UX allgemein steht auch bei der UX QA ein Schlagwort im Vordergrund: Verständnis. Das Entwicklungsteam muss dahingehend sensibilisiert werden, dass es versteht, warum Prozesse auch darauf getrimmt werden müssen, eine konsistente UX zu haben. Gleichzeitig muss aufgezeigt werden, warum der oftmals auf die Feature-Entwicklung gelegte Fokus einem Blick auf das große Ganze weichen muss, um wahrhaft nutzerzentriert zu entwickeln und klare Prioritäten setzen zu können.

Dies betrifft auch die häufig entstehende Diskrepanz zwischen Geschwindigkeit und Qualität. Entwicklungsteams verfallen gerne in den „Feature-Delivery“-Modus und hetzen einer hohen Velocity hinterher. Dies führt dazu, dass bei der Umsetzung nur auf Funktionsvollständigkeit sowie Architekturstabilität im Rahmen der Akzeptanzkriterien der Stories geachtet wird, wodurch wichtige Details im Konzept und Design übersehen oder gar ignoriert werden. Ein Ansatz, der nur darauf setzt, mit hoher Geschwindigkeit Aufgaben abzufertigen, wodurch am Ende die Qualität in Mitleidenschaft gezogen wird.

Eine der größten Herausforderungen einer UX QA liegt aber teils verständlicherweise in der Vorverurteilung des QA-Begriffes. Ein UX Designer, der mit dieser Form der Qualitätsprüfung die Entscheidungsfreiheit des Teams beeinflussen kann, wird oftmals vom Entwicklungsteam als Störfaktor wahrgenommen und als reine Kontrollinstanz gesehen, anstatt als kollaborative Ergänzung, welche die Zusammenarbeit an einem hochwertigen Produkt stärken soll.

Gemeinsam optimale Prozesse und Produkte gestalten

Um den Eindruck des vermeintlichen Eindringlings zu neutralisieren, darf der UX Designer nicht in die Rolle des „Konsistenz-Despoten“ rutschen, sondern muss dem Entwicklungsteam mit Empathie, Verständnis und Besonnenheit entgegenkommen - sodass die Vorteile der Zusammenarbeit für alle direkt sichtbar werden und das Konfliktpotenzial verpufft.

Die kontinuierliche, enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Entwicklungsteam und UX Designer ist ein Garant dafür, dass über die gesamte Umsetzungsphase hinweg die Kontrolle über die Metamorphose eines digitalen Produktes/Services nicht in den Wirren der Komplexität verloren geht und am Ende ein optimales Produkt entsteht, welches von Beginn an mit einem nutzer- und anforderungsorientierten Mindset entwickelt wurde.

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