Empathie als Basisqualifikation für moderne Unternehmen

Veröffentlicht am 17. November 2017

Matthias Herkle

In unserer schnelllebigen Welt, in der „Zeit ist Geld“ regiert und Stillstand „Tod“ bedeutet, wird das Zulassen von Gefühlen oder das Menschsein an sich oftmals als Hindernis, gar als Schwäche wahrgenommen. Dabei stellt die Empathie eine Kernkompetenz dar, die in einem engen und empirisch belegten Zusammenhang mit dem Erfolg im Privat- und Berufsleben steht.

„Es braucht Courage, aufzustehen und zu reden. Genauso braucht es Courage, sich hinzusetzen und zuzuhören.“ – Winston Churchill

Die Fähigkeit der Empathie

Empathie bezeichnet sowohl die Fähigkeit als auch die Bereitschaft, sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen und einzudenken. Je ausgeprägter diese Fähigkeit ist, desto besser kann man das Verhalten seines Gegenübers oder ganzer Gruppen aufnehmen, verstehen und antizipieren.

Es spielen Faktoren wie Emotionen, Warhnehmung oder auch schlichtweg Menschenkenntnis eine gewisse Rolle, wenn es um empathisches Verhalten geht. Damit der recht ausladenenden Begriff etwas greifbarer wird, kann man die Kernelemente der Empathie wie folgt unterteilen:

Kognitive Empathie: Ich verstehe, was in einem anderen vorgeht und kann sowohl Gedanken als auch Absichten des Gegenübers begreifen.

Emotionale Empathie: Ich fühle das, was auch der andere fühlt und kann nachvollziehen, wie und warum sich diese Gefühle Bahn brechen.

Mentale Empathie: Ich verstehe, wie die Gefühle des anderen sein Verhalten aktuell und auch zukünftig beeinflussen.

Soziale Empathie: Ich verstehe, was eine Gruppe/Organisiation denkt/fühlt und wie sie sich verhalten wird.

 

Empathie als Basisqualifikation

Der Wohlfühlfaktor und ein angenehmes Arbeitsklima innerhalb eines Unternehmens sind unwägbare Schätze, die nicht nur produktivitätsfördernd sind, sondern auch notwendige Anreize bei der Mitarbeiterrekrutierung darstellen. Basis hierfür ist das erforderliche empathische Verhalten gegenüber Kollegen, Partnern und Kunden, dessen Stellenwert zusehends wächst.

Alteingesessene Führungsprinzipien, die auf starren Hierarchien und traditionellen Strukturen aufbauen, müssen bei den sich rasant verändernden Marktbedingungen den Weg zu individualisierter und flexibler Organisation finden. Anstatt mit Druck von oben verordnete Vorgaben um jeden Preis durchzuboxen, sollten moderne Fürhrungskräfte motivierende Impulse setzen und den internen Zusammenhalt sowie Teamgeist fördern.

Doch nicht nur die innerbetriebliche Vorgehensweise muss zugunsten einer empathischeren Herangehensweise verändert werden. Auch die Arbeit mit dem Kunden muss diesem menschenorientierten Ansatz folgen. Wenn man aufmerksam beobachtet und den Menschen hinter dem Schlagwort Kunde sieht, helfen einem moderne Technologien nicht nur seine Bedürfnisse besser zu verstehen, sondern auch bei der Entwicklung emotional ansprechender Produkte.

 

Bedeutung für die User Experience

Bei der User Experience geht es darum, ein ganzheitliches und somit auch emotionales Nutzererlebnis zu schaffen. Dies bedeutet, dass man sowohl die Bedürfnisse als auch die Wünsche des Nutzers versteht und in den Mittelpunkt stellt. Empathisches Einfühlungsvermögen ist deshalb der Grundbaustein, wenn es um Design Thinking und den gesamten User Experience Prozess geht. Dabei gibt es drei Kerneigenschaften, die auf Empathie beruhen:

  1. Persönliche Bindung: Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine muss ein in sich geschlossenes Erlebnis darstellen, damit es persönlich wirkt. Die Bedienung muss dabei einfach von der Hand gehen, ohne großen Zeitaufwand.
  2. Motivation: Ein funktionelles und ansprechendes Design motiviert den Anwender sich mit dem Produkt auseinanderzusetzen. Je schneller sich Erfolgserlebnisse einstellen, desto wohler und natürlicher fühlt sich die Interaktion an.
  3. Vertrauen: Der Nutzer braucht ein Gefühl der Sicherheit, wenn er mit dem Produkt in Berührung kommt. Das Design muss somit eine gewisse Seriösität und Konstanz vermitteln. Wichtig ist hierbei auch das direkte Feedback auf die vom Nutzer getätigten Handlungen.

Unter Berücksichtigung dieser drei Eigenschaften muss sich der Designer bereits vor der Entwicklungsphase die Frage stellen, warum ein Produkt überhaupt das Licht der Welt erblicken soll. Denn erst wenn man sich aktiv mit den Bedürfnissen und Wünschen der Nutzer beschäftigt, kann man auch ein resonantes Produkt entwickeln. Ein ausgeprägtes empathisches Einfühlungsvermögen kann die User Experience eines digitalen Produktes nicht nur steigern, sondern den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen.

Empathy Map und Spiral Dynamics

Sogenannte Empathy Maps helfen Teams dabei, sich in den Nutzer hineinzuversetzen und somit Empathie zu erzeugen. In Workshops wird der Nutzer definiert und in eine bestimmte Situation gesetzt. Danach wird sein mögliches Verhalten sowie seine Empfindungen diskutiert: Was sieht, hört, denkt, fühlt und sagt die Person?

Im Gegensatz zu Personas kann bei der Erstellung einer solchen Map sehr subjektiv und somit kreativ gearbeitet werden. In erster Linie steht der Prozess im Vordergrund und nicht das Ergebnis. Ziel ist es, die Teammitglieder für den Nutzer zu sensibilisieren und auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Empathy Maps stellen dabei eine einfache und schnelle Methode dar.

Wenn es um eine empathische Denkweise geht, muss man seinen Gegenüber also nicht nur verstehen, sondern auch den Kontext seines Verhaltens erkennen. Angelernte Muster und vermittelte Werte unterscheiden sich oftmals aufgrund verschiedener erziehungs- und gesellschaftsspezifischer Faktoren, wodurch es zu Missverständnissen zwischen den Parteien kommen kann. Dies gilt sowohl für die Zusammenarbeit mit dem Kunden als auch betriebsintern.

Um eine gemeinsame Unternehmenskultur zu schaffen, welche auf Vertrauen und Konfliktlösung basiert, gibt es Ansätze wie das Spiral Dynamics-Modell. Hierbei werden unterschiedliche Analysemethoden vereint, die bei jeglichem Transformations-Prozess helfen – sei es bei der Entwicklung von Teams, Organisationen oder Führungskräften. Der grundlegende wertfreie Umgang miteinander ermöglicht es den Mitarbeitern, authentisch zu sein sowie von Führungskräften im richtigen Maßstab gefordert und gefördert zu werden.

 

Fazit

Empathisches Verhalten, verankert in der Firmenphilosophie, öffnet die Tür zur respektvollen und vertrauensvollen Zusammenarbeit. Gleichzeitig ist die Empathie eine wichtige Grundlage, im Zusammenspiel mit dem Kunden Aufgabenstellungen zu erarbeiten und optimale Lösungen anzustreben. Sie fördert die Kreativität und trägt mit neuen Impulsen zu einer besseren Entwicklung bei.

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