Remote Workshops – Zusammenarbeit im virtuellen Raum

Veröffentlicht am 29. January 2021

Fabienne Pascale Schreier

Die Transformation unserer Arbeitswelt durch die allgegenwärtige Digitalisierung stellt uns vor eine Vielzahl von Herausforderungen und bringt uns dazu, kreativer sowie experimenteller neue Wege zu beschreiten. Während sich Methoden wie Design Thinking und Sprints längst in der Gestaltung digitaler Produkte & Services etabliert haben, sind wir vor allem in der aktuellen Zeit wieder dazu aufgefordert, uns anzupassen und aus einem „vor-Ort-Prozess“ ein effizientes virtuelles Zusammenkommen zu formen: Willkommen beim Remote Workshop.

“Every success story is a tale of constant adaption, revision and change.” - Richard Branson

Die Grundlagen eines Präsenz-Workshops

Was einen „normalen“ Workshop ausmacht, dürfte den meisten heutzutage klar sein. Eine kleine Gruppe von Teilnehmern aus unterschiedlichen Disziplinen und Backgrounds trifft sich für 1-2 Tage in einer Räumlichkeit und wird von einem Moderator mit Beispielen strukturiert durch einen Prozess geführt. Das gewählte Format definiert dabei das Workshop-Ziel und liefert unterschiedliche Methoden, um dieses Ziel gemeinsam zu erarbeiten.

Bei einem Customer Journey Mapping Workshop geht es zum Beispiel darum, dass die gesamte Reise eines Nutzers entlang aller Touchpoints mit einem Produkt oder Service betrachtet und nachempfunden wird. Dies bedeutet im wahrsten Sinne das Durchgehen aller Schritte und Aktionen eines Nutzers vom Beginn einer bestimmten Aufgabe bis zum Erreichen des gewünschten Ziels, unter Berücksichtigung der dabei relevanten Schwierigkeiten und Bedürfnisse.

Das Lernen und Anwenden verschiedener Methoden steht hierbei ebenso im Mittelpunkt wie der gesamte Prozess von der Bedürfnisanalyse hin zur Ideenentwicklung, die durch den interdisziplinären Rahmen und das grundlegend nutzerzentrierte Denken gestärkt wird. Der Moderator muss bei solch einem Workshop aber nicht nur dafür sorgen, dass alle die Aufgabensetzung und das Ziel verstehen, sondern auch als eine Art Mediator darauf achten, dass eine positive Stimmung herrscht und, wenn notwendig, Pausen eingelegt werden.

Warum virtuell irgendwie alles anders ist

Wird ein Workshop nun remote durchgeführt, also virtuell und aus der Ferne, ändert sich natürlich die komplette Vorbereitung und auch Durchführung. Vor allem aber, ändert sich die komplette Erfahrung für die Teilnehmer. Man könnte auch sagen, dass der Mensch schlicht nicht für einen Remote Workshop geeicht ist. Wir alle verarbeiten einen großen Teil der auf uns einprasselnden Informationen unterbewusst und nutzen jeglichen uns zur Verfügung stehenden Sinn dafür, um aus diesem Wirrwarr zu priorisieren und Verknüpfungen abzuleiten. Kurz gesagt: In einem Online Setting fällt es dem Menschen schwieriger, seinen Fokus zu wahren und Informationen genauso schnell zu verarbeiten, wie man es aus der face-to-face-Kommunikation vor Ort eigentlich gewohnt ist.

Während bei Offline Workshops z.B. auch haptische Erlebnisse die Sinne stimulieren können, ist man online rein auf seine Ohren und Augen angewiesen. Und der oft gehaltvolle, vor allem aber bindende und empathische Austausch der Teilnehmer in den Pausen – sei es über aktuelle Inhalte oder einfach nur zum Kennenlernen – fällt durch die Home Office Situation sowieso flach. Es ist also wenig verwunderlich, dass vielen eine natürliche Kommunikation und somit auch der Wissenstransfer via Bildschirm schwerfällt und fast schon abnormal wirkt.

Die digitalen Tools, die dieses Miteinander erleichtern sollen, können dabei ebenfalls zu Störfaktoren und dadurch Zeitfresser werden, da die Technik eben nicht immer so will, wie wir das gerne hätten. Da kann es auch schon einmal dazu kommen, dass sich die Problemlösungsansätze des Teams zunächst nicht auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren, sondern auf die Bild- und Tonaussetzer des Kollegen. Gleichzeitig stellt das Home Office für viele ein Minenfeld an Ablenkungen dar, die den Fokus in Mitleidenschaft ziehen: Von aufpoppenden Mails über das vibrierende Smartphone bis zum Tohuwabohu aus dem Kinderzimmer.

Wie ein Workshop remote und effektiv durchgeführt werden kann

Will man also die zweifellos vorhandenen Fallstricke eines Remote Workshops umschiffen, muss dieses virtuelle Treffen in den eigenen vier Wänden klar geplant und gut vorbereitet werden. Dies betrifft nicht nur den Moderator, sondern auch die am besten auf maximal 7 bis 8 Personen beschränkten Teilnehmer. Wenn durchführbar, teilt man den Workshop auf mehrere Tage auf und hält den Zeitrahmen der einzelnen Slots so gering wie irgend möglich,  damit die Aufmerksamkeitsspanne hoch gehalten werden kann. Gerade im Home-Setting sind 30min bis zu einer Handvoll Stunden weitaus effizienter und produktiver zu gestalten als ein gesamter Arbeitstag.

Gleichzeitig kann bei der Aufteilung in mehrere Termine auch der eben erwähnten Vorbereitung außerhalb des Workshops leichter nachgegangen werden. So können Gruppen oder einzelne Teilnehmer Inhalte zwischen den Slots erarbeiten und direkt zum Beginn der nächsten Sitzung präsentieren. Dies erlaubt den Teilnehmern ihre Aufgaben in dem für sie geeignetsten Umfeld zu erledigen und die Workshop-Zeit wird auf das wesentliche gerichtet.

Der oder die Moderator*in muss sich diesen Gegebenheiten natürlich ebenfalls anpassen und die Teilnehmer mit ins Boot ziehen. Dies bedeutet das hinsichtlich des Zeitmanagements neben einem strukturierten Ablauf eine Balance zwischen dem Verteilen, Bearbeiten und Evaluieren der Aufgaben herrschen sollte. Bei einem mehrtägigen Workshop ist es deshalb unabdingbar, dass ein klarer Kontext zu den vorherigen Sessions hergestellt wird; mit der Rekapitulation des bereits erreichten, dem Abklopfen des status quo und dem Vermitteln des nächsten Zieles. Einzelne Meilensteine verleihen dem Ganzen dabei nicht nur Struktur, sondern fördern auch den Lerneffekt.

Bei der Erarbeitung der Inhalte wird das Workshop-Team hierbei durch eine Vielzahl von Tools unterstützt, die Post-Its, Flipcharts oder ähnliches nahezu 1zu1 ersetzen. So bietet Miro den Teilnehmern die Möglichkeit, ein Whiteboard samt virtueller Post-Its zu nutzen. Adobe XD erlaubt das einfache Bearbeiten gemeinsamer Dokumente und mit Padlet lassen sich kollaborativ Boards erstellen und Informationen teilen. Neben dem zumeist für die Videokonferenz genutzten Microsoft Teams sind weitere geläufige Tools z.B. Mural App, Office 365, Google Docs oder Sheets, Zoom und UXPressia.

Kamera an – Den Menschen in das Spotlight rücken

Egal um was für einen Workshop es sich schließlich handelt, im Endeffekt geht es immer um die Menschen, die daran beteiligt sind – So wie es bei der User Experience auch immer um den Menschen hinter dem Nutzer geht. Den Teilnehmern muss der Purpose, das „Warum“, klar aufgezeigt werden. Deshalb sollte der Workshop nicht nur allgemein zeitlich und thematisch strukturiert sein, sondern auch stets ein Überblick geschaffen werden, wo man sich gerade befindet und was noch vor einem liegt. Die einzelnen Tasks sollten daher mit einer ungefähren Zeitangabe hinsichtlich der Dauer versehen und bei Abschluss von „to-do“ zu „done“ aktualisiert werden.

Gleichzeitig will sich auch im Remote jeder in seiner Rolle wertgeschätzt fühlen. Dies bedeutet, dass der Moderator nicht nur beim Verstehen und Nachfragen zur Hilfe schreitet, sondern auf die kleinen Zwischentöne und schlicht das Geschehen bei jedem einzelnen Teilnehmer achtet. Also Kamera an und genau beobachten. Man wird auch in der virtuellen Umgebung überrascht sein, wie schnell man ein Gefühl dafür bekommt, wann sich eine gewisse Unruhe ankündigt oder eine Pause zur Notwendigkeit wird.

Vor allem im Remote Workshop will man seine Teilnehmer nicht mit zu vielen Informationen überfrachten, da die Konzentration und Aufmerksamkeit ganz anderen Strapazen ausgesetzt ist, als vor Ort. Strikte Pausen sollten also so oder so schon im Vorhinein eingeplant und dann auch eingehalten werden. Zusätzlich kann der Moderator die Teilnehmer damit entlasten, indem die genutzten Tools nicht Überhand nehmen und z.B. zu verwendende Boards oder Charts bereits vorgefertigt wurden. Der Workshop soll sich schlussendlich um die Thematik drehen und nicht um die technischen Möglichkeiten oder Limitierungen.

Zur Abwechslung sowie zum Erhalt des Fokus können kleinere Aufgaben auch an einzelne Teilnehmer oder Gruppen verteilt werden. Dadurch erhalten sie das Gefühl wahrhaftig selbst mitzugestalten und die Kommunikation wird entzerrt, wodurch der Moderator sich hin und wieder etwas persönlicher Einklinken kann, um den Fortschritt zu überprüfen sowie u.U. mögliche Ungereimtheiten aufzulösen. Stichwort Kommunikation: Es bietet sich natürlich an, in einem Remote immer zwischen einem Wortführer und „Stillen“ zu unterscheiden. Vor Ort können die meisten Menschen einfacher austarieren, wer wann spricht. Damit hier also nicht Irritationen und Durcheinander entstehen, sollten vom Moderator von Beginn an Spielregeln für das kommende Miteinander erklärt und durchgesetzt werden.

Testen – Lernen – Repeat

Das Thema Workshops ist bei forwerts schon immer eine wichtige Grundlage für die gemeinsame Zusammenarbeit mit unseren Kunden und Partnern. Egal ob vor Ort oder digital; am Schluss geht es immer darum, die eigenen Kompetenzen mit ins Spiel zu bringen, zu erweitern und vor allem miteinander zu gestalten. Es geht nicht um das Finden einer  Blaupause für den optimalen Remote Workshop, sondern um das kreative Arbeiten mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und einem offenen Mindset mit dem Menschen im Mittelpunkt.

Und auch wenn in unserem Hause Remote Arbeit schon lange einen wichtigen Platz einnimmt, geht es für uns alle – vor allem in der aktuellen Zeit – um das Austesten gegebener Möglichkeiten, das Sammeln und Teilen von Erfahrungen sowie das Beschreiten neuer Wege. Remote Workshops helfen uns hier nicht nur dabei, unsere Kunden und Partner aus der Ferne zu unterstützen, sie helfen uns auch unsere Kenntnisse zu schärfen und zu erweitern.

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