Green Future – Digitaler Wandel im Sinne der Nachhaltigkeit

Veröffentlicht am 11. March 2022

forwerts Team

Umweltschutz und nachhaltiges Handeln sind heutzutage so eng mit dem digitalen Wandel verbunden, dass sich Begriffe wie Greentech, Grüne Technologien oder Green Computing nur noch bedingt auf spezifische Firmen beschränken, die sich Umwelttechniken verschrieben haben. Das Ja zur Kreislaufwirtschaft und die Umstellung auf ressourcenschonende sowie emissionsarme Technologien machen Greentech mittlerweile zu einem branchenübergreifenden Paradigma, welches keine Sektorgrenzen mehr kennt.

So haben sich bereits knapp 50 Prozent der deutschen Unternehmen eine freiwillige Selbstverpflichtung auferlegt, wonach sie über kurz oder lang klimaneutral wirtschaften wollen. Um diese Ziele zu erreichen, werden die größten Hoffnungen in Green IT und die gesamte Digitalwirtschaft gesetzt, welche durch nachhaltige Lösungen die Speerspitze für den Kampf zur Reduzierung des CO2-Fußabdruckes bilden soll. Doch wie grün ist unsere digitale Welt aktuell? Und warum wird der technologische Wandel überhaupt als Treiber für ein neues Umweltbewusstsein gesehen?

 

Hohe Datenströme als Verbrauchstreiber im Nutzungskontext

Die digitale Welt ist eine Welt der Daten. Tagtäglich nutzen wir unsere Smartphones, Laptops sowie eine Armada verschiedenster Gadgets, um neue Daten zu erschaffen, zu teilen und zu streamen. Die technologischen Hilfsmittel werden dabei zwar an sich Schritt für Schritt immer energieeffizienter, jedoch verlangen die exponentiell wachsenden Datenströme nach immer höheren Rechenleistungen. Wenn man sich hierbei vorstellt, dass ca. 80 Prozent des weltweiten Datenverkehrs aus Streaming-Anwendungen besteht und das Streamen der neuesten Folge der Lieblingsserie ungefähr genauso viel CO2 freisetzt wie die Fahrt zur nächstgelegenen Fast-Food-Kette, bekommt man ein Gefühl dafür, warum die Informations- und Kommunikationstechnik bereits für doppelt so viele Treibhausgasemissionen wie die zivile Luftfahrt verantwortlich ist.

Das Rückgrat der Digitalisierung bilden dabei heute und in Zukunft Rechenzentren – Serverfarmen, die diesen Datentransport erst ermöglichen. Sie bilden das Herzstück der digitalen Infrastruktur, da sie für den technologischen Fortschritt und die zuverlässige Nutzung der damit verbundenen Technologien unabdingbar sind. Der große Stromfresser in solch einem Rechenzentrum ist dabei nicht die eigentlich verbaute IT, sondern die Jahr für Jahr wachsenden Server- und Storage-Kapazitäten, um der Nachfrage gerecht werden zu können. Hierzulande machen die wenigen Rechenzentren bereits gut 3 Prozent des jährlichen Energieverbrauchs aus, und das, obwohl in ganz Europa nur ca. 4 Prozent aller Daten weltweit gehostet werden.

 

Grüne Rechenzentren – Teil einer umweltbewussten Infrastruktur

Wenn wir von grüner Technologie reden, müssen wir also auch beim Thema digitale Infrastruktur zunächst vom Fundament startend aufwärts denken. Der erste Schritt ist hierbei bereits im vollen Gange, da viele Rechenzentren jetzt schon ihren Strom aus Photovoltaik- und Windkraftanlagen beziehen. Doch sie können einen weit größeren Beitrag zu einem flexibleren Stromnetz mit regenerativen Energien leisten. So sind Rechenzentren dazu prädestiniert als Energiespeicher zu dienen. Leistungsspitzen oder Überproduktion durch Wind und Sonne können direkt im Rechenzentrum zwischengespeichert und zurück ins Netz gegeben werden, wodurch die bestehende Infrastruktur besser genutzt und erneuerbare Energien integriert werden können.

Gleichzeitig entsteht durch die Serverfarmen jedoch eine hohe Abwärme, die nur allzu häufig mit klimaschädlichem Kältemittel gekontert wird. Indirekte freie Kühlung durch die Wahl eines Standorts in Gefilden mit geringeren Temperaturen oder moderne Kühlsysteme, die dank effizienterem Prozessormanagement sowie angepassten Mikrokanälen sowohl Strom sparen als auch die Kühlung optimieren, können hierbei Abhilfe schaffen. Zudem wird sich vermehrt ein Beispiel an der Industrie genommen, indem die entstehende Abwärme weitergenutzt wird. In Schweden speist das Gros der Rechenzentren seine Abwärme bereits in das Fernwärmenetz ein und auch im Frankfurter Eurotheum dient die Abwärme dazu, die Büroräume und Hotellerie des Hochhauses mit Heizenergie zu versorgen. Gerade durch das voranschreitende Abschalten von Kraftwerken könnten Rechenzentren somit sowohl einen Teil der dadurch verloren gehenden Abwärme ausgleichen als auch das immer wichtiger werdende Stromspeichersystem unterstützen.

 

Digitalisierung als Enabler der Energiewende

Dass gerade die Digitalisierung als wichtigster Treiber für eine nachhaltige Zukunft gesehen wird, liegt vor allem daran, dass intelligente Technologien für die Vernetzung von Erzeugern und Verbrauchern sowie der effizienten Nutzung dezentraler Energiequellen Lösungen bieten können. Dies ist auch der Grund dafür, warum die Energiewende von vielen in Deutschland als größtes IT-Projekt aller Zeiten betitelt wird. Für Energieunternehmen bedeutet dies, dass sie automatisierte Prozesse etablieren müssen, um die Verteilung und Neuorganisation des Stroms zu optimieren. Die dabei in der digitalen Netzinfrastruktur eingesetzten intelligenten Messsysteme erlauben es mit ihrer Datenerfassung nämlich erst, dass Anbieter, Unternehmen als auch private Verbraucher die Einspeisung des Stroms aus verschiedensten eigenen und externen Quellen überhaupt managen können.

Gerade im Gebäudesektor fällt nahezu der gesamte Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser an. Digitale Technologien ermöglichen die Erfassung und Auswertung dieser Energieflüsse, wodurch Einsparpotenziale übermittelt oder direkt umgesetzt werden können. Durch smarte Technologie in der Gebäudetechnik können so Beleuchtung, Heizungs- oder Lüftungsanlagen automatisiert und bedarfsgerecht gesteuert werden, indem z. B. auch die Anzahl der anwesenden Personen, der Stand der Sonne (Rollladensteuerung) oder die mögliche Einspeicherung von Wärme bei Stromüberschuss in die Datenerfassung miteinfließen. Intelligente Stromspeicher helfen hierbei nicht nur Lastspitzen zu vermeiden und den Eigenverbrauch besser zu regeln, sondern können auch die schwankende Stromerzeugung durch Photovoltaik oder Solar ausgleichen und stabilisieren. Für den Verbraucher bedeutet die digitale Erfassung der Stromflüsse zudem eine höhere Eigenkontrolle, da ihm anhand der Verbrauchsdaten aufgezeigt werden kann, welche Geräte den höchsten Verbrauch verursachen und wie er seine Energieeffizienz steigern kann.

Dieses Prinzip der intelligenten Sektorenkopplung betrifft dabei aber nicht nur die Strom- und Wärmeinfrastruktur, sondern muss auch mit weiteren Infrastrukturen wie Mobilität verzahnt werden. Energie sollte schließlich dorthin fließen, wo sie auch gerade gebraucht wird. Die Smart Cities von morgen tun deshalb gut daran, nachhaltig gedachte Ökosysteme zu gestalten, welche jeglichen Sektor miteinbeziehen und vernetzen. Mit digital gestütztem Smart Parking, neuen Sharing-Konzepten oder sensorgesteuerter Straßenbeleuchtung könnten so z. B. die durch den innerstädtischen Verkehr verursachten CO2-Emissionen um 50 Prozent reduziert werden.

 

Nachhaltigkeit im Verantwortungskosmos der Hersteller und Konsumenten

Wenn es um die Produktherstellung geht, müssen sich Anbieter und Nutzer selbst ein Bild davon machen, was ein digital nachhaltiges Gut wahrhaftig auszeichnet und welches Ökosystem dahinter steckt. So wurde es für die Konsumenten digitaler Güter in den vergangenen Jahren zu einer Notwendigkeit, in immer kürzer werdenden Abständen die neuesten Produkte und Gadgets zu erwerben, da fehlende Software-Updates oder gar geplanter Verschleiß eine langfristige Nutzung oft unmöglich machen. Das Ende der Wegwurfkultur, welches in vielen Lebensbereichen erfüllbar ist, schien bislang bei digitalen Technologien keinen Platz zu haben.

Doch auch hier sieht man langsam sowohl bei Tech-Giganten als auch bei Start-ups ein Umdenken, welches einem Schritt in die Vergangenheit gleicht. Früher war es gang und gäbe, dass technisch affine Nutzer ihren Bildschirm selbst reparierten oder ihren Rechner aufrüsteten. Heutzutage sind die meisten technischen Geräte vom Start weg so konzipiert, dass sie weder Reparatur noch Upgrade erlauben – schon gar nicht dem Nutzer. Unternehmen wie Framework wollen sich diesem Geschäftsmodell nun entgegenstellen und Produkte entwickeln, die durch ihre Langlebigkeit in einem nachhaltigen Ökosystem bestechen. Und auch internationale Größen wie Dell beschäftigen sich mit der Herstellung von Produkten, deren Einzelteile einfach austauschbar und wiederverwendbar sind.

Ob sich diese Neuorientierung als wirtschaftlich erweist und sich die Nutzer mit dieser Abkehr vom digitalen Wegwurfprodukt anfreunden können, muss sich erst noch zeigen. Fest steht aber, dass nachhaltiges Denken bei jedem Einzelnen von uns beginnt und jeder mit seinen Handlungen zum großen Ganzen beiträgt. Nutzer müssen deshalb dafür sensibilisiert werden, dass das Thema Nachhaltigkeit mit seinen Synergieeffekten in Ursprung und Umsetzung keine Bereichsgrenzen kennt. Genauso wie Unternehmen bewusst werden muss, dass Klimamanagement die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette, von der Rohstoffbeschaffung hin zur Produkterstellung bis zum Recycling,  miteinbezieht. Die Digitalisierung kann hierbei nicht nur bei der effizienteren Erarbeitung eines funktionierenden Ökosystems helfen, sondern vor allem zunächst die nötige Transparenz schaffen, damit wir überhaupt erst mal verstehen, welche Hebel und Potenziale uns zur Verfügung stehen, um eine nachhaltige Infrastruktur für eine ressourcenschonende und energiefreundliche Zukunft zu gestalten.

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Quellen:

https://www.bmuv.de/pressemitteilung/greentech-atlas-2021-deutsche-wirtschaft-profitiert-von-wachsenden-maerkten-fuer-umwelttechnologien

https://www.wlw.de/de/inside-business/branchen-insights/maschinen-anlagen/greentech-gruene-technologie

https://www.vaillant.de/21-grad/technik-und-trends/nachhaltige-technik-gruene-technologien-fuer-die-umwelt/

https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Fast-jedes-zweite-Unternehmen-in-Deutschland-will-perspektivisch-klimaneutral-werden

https://www.swrfernsehen.de/landesschau-rp/gutzuwissen/stromfresser-digitalisierung-100.html

https://www.funkschau.de/datacenter-netzwerke/wie-kuehlung-die-energieeffizienz-verbessern-kann.189839.html

https://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Notebooks-Netbooks-Concept-Luna-Dell-leicht-reparierbaren-Laptop-Nachhaltig-31257567.html

https://1e9.community/t/dieser-laptop-laesst-sich-reparieren-und-soll-die-wegwerf-kultur-bei-elektronik-beenden/9783

https://www.manager-magazin.de/unternehmen/gruene-it-digital-wird-besser-a-ffaaa6f8-5ac8-426a-b765-7e54f1511ea0

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/stromfresser-internet-wie-viel-strom-wir-im-einzelnen-verbrauchen/25182828-2.html

https://www.sonnenseite.com/de/energie/rechenzentren-als-stromspeicher/

https://digitale-trends.com/blog/selbststaendigkeit/digitale-nachhaltigkeit-teil-1-handy-und-laptop/

https://www.bdew.de/energie/digitalisierung/was-bedeutet-der-trend-der-digitalisierung-fuer-die-energiewirtschaft/

https://energy-conference.de/

https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Digitalisierung-Klimaziele-Gebaeudesektor

https://www.eco.de/presse/digitalisierung-ermoeglicht-klimaneutrale-smart-cities/

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